Marianne Zeiler

 

 

Der letzte Tag dieser Woche besteht aus einem Video das keinen zusätzlichen Text  mehr benötigt. Wir danken Marianne für ihren Mut und ihr Vertrauen und ein Grosses Danke geht auch an Patrick Stanglmaier  der uns mit dem Videoschnitt unterstützt. Und das macht er sehr gut – <3.

 

 

 

 

 

Tag 5:

 

Der Tod als Chance? Nie im Leben, dachte ich zumindest immer.

Ja, ehrlich gesagt, irgendwann habe ich mich innerlich aufgegeben. Die Traurigkeit war einfach so unendlich, die Leere wurde immer Leerer und der Glaube daran dass ich in meinem Leben von den Menschen die ich Liebe, eh nur verlassen werde, wurde zu meiner neuen Realität und so begann ich mir meine eigenen “sichere, innere Welt” zu erschaffen, da wo mir einfach nichts passieren kann – heute würde ich es Komfortzone nennen.

Es vergingen Jahre in meiner kleinen gemütlichen Komfortzone bis ich einen Menschen getroffen habe, die ehrlich gesagt heute aus meinem Leben nicht mehr weg zu denken wäre und die, wie Sie damals gesagt hat, großes in mir gesehen hat. Vor ca. zwei Jahren machte ich mich also auf den Weg einer der großartigsten und besten Reisen überhaupt in meinem Leben: Auf die Reise zu mir selbst.

Und so kam es dazu, dass ich zum ersten Mal seit Ewigkeiten gespürt habe wie sich die absolute und reine Liebe zu mir selbst anfühlt, dass ich gelernt habe dass ich viel größer bin als ich immer dachte und vor allem dass ich etwas ganz besonderes bin und ein ganz besonderes, tolles und wunderbares Leben gewählt habe!

Abschließend möchte ich einfach noch sagen, dass es im Leben ausnahmslos immer einen Weg gibt und dass genau DU dich einfach nur für diesen Weg entscheiden musst!

 

 

 

Tag 4:

 

Ein sehr großes Thema war und ist es natürlich für mich auch heute noch: Die Musik:

Sebastian und ich waren gerade einmal 6 oder 7 Jahre alt als wir uns beide für das Schlagzeug spielen begeistern konnten und nach dem ich mir meistens immer alles bei ihm abgeschaut habe, hat es nicht sehr lange gedauert bis auch ich in der Musikschule zum Schlagzeug spielen eingestiegen bin. Und so kam es dazu dass ich und meine beiden Brüder auch aktiv bei der Marktmusikkapelle in Frankenburg mit dabei waren ,nur dass sich Sebastian neben dem Schlagzeug auch für die Trompete interessiert hat und so auch als begeisterter Trompeter bei der Marktmusik mit spielte, die übrigens Liebevoll die Beerdigung Musikalisch begleitete.

Nach kurzem Überlegen haben wir uns für das Trompeten Solo Stück “Siesta” entschieden, dass die Marktmusik mit völliger Liebe und Tränen in den Augen Sebastian noch einmal zum Abschied dargeboten hat.

Noch heute erinnere ich mich daran wie Kollegen erzählt haben, dass unser Kapellmeister mit Tränen in den Augen seine Stücke dirigiert hat und dass die anderen Musiker vor Weinen schon fast nicht mehr spielen konnten.

Auch Musik ist stärker als jeder Verlust auf der Welt – so viel habe ich zumindest gelernt!

 

 

 

Tag 3: 

 

Und dennoch beschreibt es einfach nicht diese innere Leere die ich gefühlt habe. Einen Zwillings Teil zu verlieren fühlt sich an als wenn ich einen Teil von mir selbst verloren hätte. In den ersten Tagen und Wochen nach dem Tod von Sebastian habe ich wahrhaftig eine Achterbahn der Gefühle durchlebt, so heftig wie ich es mir nie hätte ausmalen wollen.

Ob es diese Traurigkeit war, diese Leere oder dieses Gefühl selbst gerade bei lebendigen Leibe zugrunde zu gehen. Dieser Schmerz der einfach nicht aufhören wollte weh zu tun und diese unendliche Verzweiflung weil ich mir einfach nicht vorstellen konnte wie es in meinem Leben ohne meinen zweiten Teil jetzt weiter gehen sollte.

Von einer schon fast erwachsenen jungen Frau wurde ich zu einem kleinen Kind dass sich nicht mal mehr alleine ins Bett getraut hat. Die ersten Tage nach Sebastians Tod hat mich meine Mama am Abend immer ins Zimmer begleitet weil ich Angst hatte und weil ich  immer an Sebastians Zimmer vorbei gehen musste.

Dann war da noch meine Familie wo einfach jeder einzelne ziemlich zu kämpfen hatte um diese Situation irgendwie zu ertragen, meine Mama die einfach nicht mehr aufhören konnte zu weinen und die sich wahrscheinlich am liebsten mit ins Grab legen wollte, die vielen Freunde und Bekannte die einfach da sein wollten und dann noch diese unzähligen Meldungen und Berichte in der Zeitung und in Social Media und diese vielen Menschen die uns anschauten und einfach wussten, was passiert ist. 

 

 

 

Tag 2: 

 

Zwillinge sind etwas ganz besonderes und ehrlich gesagt habe ich bis zu Sebastians Tod fast mein ganzes Leben mit ihm gemeinsam verbracht. Alleine sein, das habe ich in meinem Leben einfach nie gekannt denn wer ein Zwilling ist, der ist einfach nie alleine – das geht übrigens auch über den Tod hinaus. Kaum eine Erinnerung habe ich je gemacht ohne dass Sebastian nicht irgendwo dabei war und es gibt auch kaum ein Kinderfoto, wo wir nicht beide auf dem Foto drauf waren. Zwillinge haben eine Verbindung, die geht über den Tod hinaus – denn Energie kann einfach niemals verloren gehen. Noch heute erinnere ich mich an einen ganz tollen Menschen, der mir in der Krankenpflegeschule nach dem Tod von Sebastian genau diesen Satz gesagt hat und ja, genau so kann ich das auch bestätigen. Auch wenn Sebastian so nicht mehr hier ist – Energetisch hat sich für mich einfach nichts verändert.

Tag 1

 

Hallo!

Mein Name ist Marianne, ich bin 26 Jahre alt und komme aus Frankenburg wo ich gemeinsam mit meinen beiden Brüdern und meinen Eltern in einem kleinen Dorf glücklich aufgewachsen bin, bis dass unser Leben am 8.Juli 2014 plötzlich eine drastische Wendung genommen hat. Mein Zwillingsbruder Sebastian ist plötzlich an einem schweren Verkehrsunfall auf dem Weg in die Arbeit tötlich verunglückt.

Es war ein Dienstag Morgen, eigentlich ein Tag wie jeder anderer und wie sich kurze Zeit später heraus stellte einer der prägendsten Tage die ich jemals in meinem Leben erlebt habe.

Um ca. 9 Uhr früh stand eine für mich wild fremde Frau vor mir: “Es tut mir leid ihnen mitteilen zu müssen dass ihr Bruder einen tötlichen Verkehrsunfall hatte”

Fassungslos saß ich da und begann einfach nur zu weinen bevor ich einen der schwersten Wege jemals in meinem Leben antrat. Liebevoll versuchte die Frau mich zu trösten und Smalltalk mit mir zu führen und der Weg nachhause dauerte gefühlt 10 Stunden. Zuhause angekommen, endlich bei meiner Familie, fielen wir uns alle erstmal weinend in die Arme.

“Ich habe meinen Zwillingsbruder verloren” dachte ich  mir nur. “Und das für immer”.